Thaunay, ein Nichtstuer in Toulouse, erbte von seinem Onkel ein kleines Schloss mit Landbesitz in der Nähe von Avignon. Da der Kavalier schon lange auf die Erbschaft gewartet hatte, lebte er in Saus und Braus, bis das Testament ihm, trotzdem er Alleinerbe war, Enttäuschung brachte.
Er hatte erwartet, außer dem Schloss und Ackerland, welches wenig abwarf, auch Bargeld zu erben. Resigniert bezog er das ländliche Wohnhaus seines Onkels, und beauftragte seinen Notar, die Realitäten möglichst schnell zu verkaufen.
Nicht wenig verwundert war er, als unter den Kauflustigen sich auch ein junger Installateur befand, welcher vor kurzem die elektrische Lichtanlage im Schlosse repariert hatte. Er erhielt als Höchstbietender den Zuschlag und wurde acht Tage nach Bezahlung der Kaufsumme als Besitzer eingetragen.
Der junge Erbe zog nach Paris und hörte durch Zufall von einem alten Freunde, dass sein Onkel tatsächlich ein ansehnliches Vermögen in Barmitteln besessen habe, jedoch als Sonderling das Geld an einem Platze versteckt hätte, welchen man ausfindig machen müsse. Er beauftragte einen geschickten Detektiv, das Geheimnis aufzuklären.
Das Resultat war geradezu phantastisch. Der verstorbene Testator hatte sein ganzes Geld in der Bibliothek aufbewahrt, indem er die Banknoten zwischen die Blätter der verschiedenen Bücher steckte, welche er dann verklebte.
Der junge Installateur, welcher für Reisebeschreibungen schwärmte, hatte aus der Bücherei anläßlich der Reparaturarbeiten im Schloss mehrere Werke von Jules Verne mit nach Hause genommen und fand in diesem 300.000 Frs. in großen Bankbillets vor. Paul Thaunay trat wieder seinen Besitz an, fortan dauernd damit beschäftigt, den Rest des Barvermögens zwischen den einzelnen Bänden herauszusuchen, was nicht ganz einfach ist, da die Schlossbibliothek 20.000 Bücher umfaßt! In einem Bande fand er einen Vermerk seines Onkels, der die in den Büchern deponierte Barsumme auf zwei Millionen Franken angibt.
(Paul Burg-Schaumburg: Minerva-Lexikon berühmter Persönlichkeiten aller Zeitalter, 1929, S. 595)
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