Mittwoch, 12. August 2015

Neritina fluviatilis, die gemeine Kahnschnecke - Weichtier des Jahres 2004

Xavier Faltin schlug oft die Stelle im Buche auf, wo sich eine genaue Schilderung der Fortpflanzung einiger Gastropoda fand, nämlich der Neritina (fluviatilis), A,B + C, wie sie noch in der Doktorarbeit genannt wurden.
Das geschlechtsreife befruchtete Tier, das in der Katalyse bestimmter Hormone zum Weibchen geworden ist, schließt 150 oder 200 Eier in einer gemeinsamen Kapsel ein. Aus jedem der Eier entwickeln sich die Embryonen. Nach Ablauf der Brutzeit befinden sich 150 oder 200 fresslüsterne Wesen gemeinsam eingeschlossen, ohne den Fresstrieb durch Nahrungsstoffe von außen befriedigen zu können. Es ist ihre Bestimmung, einander zu verzehren.
Da sie Hunger spüren, gibt es für die Befriedigung und nicht Befriedigung, Behagen und Schmerz. Die Stärkeren fressen die Schwächeren, die Schlauen die weniger Schlauen. Die Natur ist ganz unerbittlich, auch die letzten Zwei müssen sich bekämpfen, der einzige muss den Vorletzten fressen, wie gemästet er auch inzwischen sein mag. Erst wenn alle Geschwister verzehrt sind, ist der eine stark genug, um die Kapsel zerbrechen zu können.
Xavier Faltin war wie benommen von dieser Schilderung.

(Hans Henny Jahnn: Epilog, S. 1731)

http://www.mollusken-nrw.de/weichtier_des_jahres/weichtier2004.htm


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